Der "Fachtag NS-Euthanasie" am 31. März 2016 in Berlin

Frontseite des Flyers.
Frontseite des Flyers.

Gestern, am 31. März 2016, fand in Berlin in der Vertretung des Landes Brandenburg ein Fachtag zum Thema "Euthanasie im Nationalsozialismus" statt, der unter dem Schwerpunkt der Inklusion und der individuellen Aufarbeitung der NS-Euthanasieverbrechen stand. Veranstaltet und organisiert wurde er vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin und der Berliner Initiative pinel, die psychisch kranke Menschen unterstützt.

Durchs Programm führte der Historiker und Mitorganisator Robert Parzer von der AG Gedenkort T4 in Berlin.

 

Die Vorträge hätten unterschiedlicher nicht sein können. Diese bunte Mischung und auch die zahlreichen kurzen Pausen erlaubten es, dass sich die Zuhörenden immer wieder auf neue Impulse einlassen konnten.

Nach einem Grußwort der Veranstalter erläuterte Margret Hamm von der AG BEZ (Bund Euthanasiegeschädigter und Zwangssterilisierter) die langwierigen, oft wenig erfolgreichen und noch immer andauernden Bemühungen Betroffener, auf politischer Ebene als Verfolgte des Naziregimes anerkannt zu werden.

Nach einer kurzen Pause gab Robert Parzer einen historischen Überblick über die Euthanasiemorde, die im Dritten Reich im Land Brandenburg begangen worden waren, und anschließend gab Christian Marx von der Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasiemorde Brandenburg/Havel Einblick in die dortige aktuelle Arbeit. 

Rückseite des Flyers.
Rückseite des Flyers.

Nach der Mittagspause, in der angeregter Austausch stattgefunden hatte, richtete der Bundesbehindertenbeauftragte des Landes Brandenburg, Jürgen Dusel, ein paar ein- bzw. überleitende Worte an die Anwesenden und es folgte mein Vortrag, in dem ich von meinem "Abenteuer Recherche" berichtete.

Direkt im Anschluss teilte Thomas Künnecke (Kellerkinder e.V.) die aufrüttelnden und manchmal auch durchaus amüsanten Erfahrungen mit uns, die er mit dem Projekt "Unwertes Leben on tour" im Jahr 2014 in Euthanasiegedenkstätten gemacht hatte.

Nach einer Kaffeepause rundete schließlich Regina Schulz von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas die Tagung ab. Sie berichtete über die zahlreichen inklusiven Angebote, durch die Menschen mit Einschränkungen am Mahnmal und im Informationszentrum am aktiven Gedenken teilhaben können.

 

Aus meiner Perspektive war dieser Fachtag ein voller Erfolg. Sicher, einige Aspekte - etwa aktuelle Gedanken zum Thema Humangenetik - fehlten, aber einen solchen einzelnen Fachtag thematisch zu überladen, wäre sicher der falsche Ansatz gewesen. So blieb immer genug Zeit, das Gehörte sacken zu lassen, sich auszutauschen und zu vernetzen.

Dem Wunsch, dass alle Beiträge (auch) in leichter Sprache verfügbar hätten sein sollen, konnte gestern leider nicht in vollem Umfang nachgegangen werden, die Bemerkung diente jedoch als wichtige Anregung für die Zukunft. Die Veranstaltung war dennoch größtenteils barrierefrei: Gebärdendolmetscher übertrugen alles Gesagte in DGB und auch ein barrierefreier Zugang zu den Räumlichkeiten war gewährleistet.

 

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Für diejenigen, die zwar nicht dabei sein konnten, aber Interesse an meinem Vortrag haben, stelle ich diesen hier zum Download (für private Zwecke) bereit. Über Rückmeldungen freue ich mich natürlich! :-)

Download
Skizzen eines reichen Lebens
Vortrag von Julia Frick am Fachtag NS-Euthanasie am 31.03.2016
Vortrag 31.3..pdf
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Kommentare: 1 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Ruth Orland (Freitag, 01 April 2016 16:50)

    Was für eine schöne Rede, die ich nun im Nachtrag nochmals gelesen habe und mich in den Sätzen wiederfinde. Wenn ich über Akten sehe und dabei Briefe von Angehörigen des Friedhofs in den Händen halte kann ich mich ein wenig in das versetzen, was sie erleiden mussten.

    Mir kommen auch die Tränen, wenn ich überlege, wie sich die Angehörigen gefühlt haben müssen und das sie meist gar nicht wussten, das ein Todesfall eingetreten ist oder wo sich das Grab überhaupt befindet und was mit der Pflege sein wird.

    Ich denke das In sich kommen und das Er innern ist sooo wichtig und bildet einen Lerneffekt und eine Verantwortung, die uns gebietet genau hinzusehen, wenn Unrecht geschieht und einzugreifen hierzu kann auch die Arbeit und die Beschäftigung mit einem solchen Friedhof helfen und dabei im Kopf haben, welche Menschen hier begraben sind