Walter Frick | Armin Beilhack - NS-'Euthanasie' und innerfamiliäre Verstrickungen

Es gibt viele Bücher von Kriegskindern und über Kriegskinder, solche über Kriegsenkel. Diese Begriffe sind schwammig, suggerieren sie doch ein zeitliches Raster, das so eindeutig gar nicht existiert. Kriegsenkel, so lese ich – Jahrgang 1990 – oft, wurden zwischen 1965 und 1975 geboren. Die inhaltlichen Rollen aber werden dann umso klarer verteilt und benannt. Da ist von Täterfamilien und Opferfamilien die Rede, von Widerständlern. Seltener begegnen uns diejenigen, die wir heute als Mitläufer bezeichnen. Die Farblosen, die Feigen, die ihren eigenen Hals retten wollten. Und dann ist es an uns. Während der wissenschaftliche Teil ans Analysieren macht, stellt sich der persönliche Teil die unausweichliche Frage: Wer wäre ich gewesen?

 

Ganz in diesem Rollendenken suchte ich nach Literatur für diesen Vortrag. Der thematische Hintergrund ist auf den ersten Blick kompliziert: Ich bin eine Kriegsenkelin, die das Alter einer Kriegsurenkelin hat, und deren Großonkel den Großvater in eine Nervenheilanstalt eingewiesen hat, in der er fünf Monate später „verstarb“. Und als ob das nicht genug wäre, spielt auch noch die Verwandtschaft mit einem ranghohen Nationalsozialisten eine Rolle, von der nach 45 keiner mehr sprach.

 

Nun, ich mache es kurz: Ich habe kein geeignetes Buch gefunden. Das bestärkt mich nun zum einen, mein eigenes endlich fertig zu stellen. Und zum anderen hat mir diese Erkenntnis geholfen, Position zu beziehen und Rollenzuweisungen kritisch zu betrachten. Denn bei Tätern, Opfern, Widerständlern und Mitläufern handelt es sich um Rollen, deren Inhaber alle eines gemeinsam haben: Sie waren Menschen, und Menschsein ist keine Rolle. Dass wir Rollen annehmen und Identitäten bilden, steht außer Frage. Doch in dem Moment, in dem wir die Rolle abstrahieren und zu sehr losgelöst vom dazugehörigen Menschen analysieren und thematisieren, laufen wir Gefahr, eine zu große Distanz aufzubauen. Und gerade die Erforschung der eigenen Familiengeschichte verlangt eine ständige Gratwanderung zwischen Subjektivität und Objektivität, zwischen Nähe und Distanz. Dies ist – zumindest in meinem Fall – keine wissenschaftliche Erkenntnis, sondern die Schlussfolgerung eigener Erfahrungen.

 

Eine einfache wie gängige Methode, die personelle Zusammensetzung einer Familie aufzuzeigen, ist der Stammbaum. Tatsächlich besitze ich eine ganze Kiste mit Stammbäumen [...]. 

 


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Walter Frick | Armin Beilhack. NS-'Euthanasie' und innerfamiliäre Verstrickungen (Julia Frick)
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