Die NS-"Euthanasie"-Morde im Nationalsozialismus

Während Orte wie Auschwitz oder Buchenwald praktisch zu Synonymen für den Holocaust geworden sind, stößt die Erwähnung von Hadamar, Grafeneck oder Hartheim häufig noch immer auf fragende Gesichter. Zusammen mit Bernburg, Brandenburg und Pirna stehen jene Orte für ein weiteres nationalsozialistisches Verbrechen: für den Mord an Hunderttausenden behinderten und/oder psychisch kranken Menschen. Als "Krankenmorde", "Patientenmorde" oder NS-"Euthanasie" bezeichnet, brachte dieses organisierte Vernichtungsprogramm der Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 etwa 300.000 Menschen den Tod. 

 

Bereits im Juli 1933, also nur wenige Monate nach der Machtübernahme Hitlers, wurde das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlassen. Bis 1945 wurden so - gesetzlich erlaubt, ja sogar erwünscht - etwa 400.000 Menschen zwangssterilisiert. Zahlreiche starben bei den Eingriffen oder an deren Folgen. 

1939 ermöglichte dann ein auf den 1. September, also den Beginn des Krieges, zurückdatiertes Schreiben Hitlers, "die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann“ (vgl. Ermächtigungsschreiben Hitlers).  Was der Jurist Karl Binding und der Mediziner Alfred Hoche bereits 1920 mit ihrem Büchlein „Die Freigabe zur Vernichtung lebensunwerten Lebens“ postuliert hatten, wurde nun grausame Realität: die "Auslese" gesunder Menschen - und das Ausmerzen (vermeintlich) kranker.

 

War ein Leben erst einmal als "lebensunwert" deklariert, die betreffende Person für "idiotisch", "schwachsinnig" oder gar "geistig tot" (vgl. Binding/Hoche 1920)  befunden, galt der gezielt herbeigeführte Tod offiziell als Erlösung. Man befreie hierbei schließlich nicht nur die Kranken selbst, sondern auch deren Angehörige von einer schweren Last – und nicht zuletzt den Staat. In haarstäubenden Hochrechnungen stellte man etwa die Kosten für Nervenheilanstalten denen für den Wohnungsbau für "gesunde" Menschen gegenüber und propagierte überdies den drohenden Verfall der "deutschen Rasse". 

 

Als "nutzlose Esser" oder "Ballastexistenzen" (vgl. Binding/Hoche 1920) bezeichnet, wurden zwischen 1940 und 1941 ca. 70.000 Patienten systematisch und zentral organisiert ermordet. Diese erste Mordphase ist auch unter dem Kürzel "Aktion T4" bekannt, da sich ihre Zentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4 befand. Dort wurde anhand von Krankenakten entschieden, wer noch arbeitsfähig war und wer nicht. Bei letzteren setzten die Ärzte ein Plus in ein extra dafür vorgesehenes Kästchen des Dokuments – das Todesurteil. Mit Bussen der sogenannten GeKraT , der "Gemeinnützigen Krankentransport GmbH" (ein perfiderer Name konnte kaum gefunden werden), wurden die Patientinnen und Patienten dann in speziell für diesen Zweck umgebaute Tötungsanstalten gebracht und in der Regel noch am selben Tag mit  Kohlenmonoxid vergast.

 

Dieses systematische Töten endete im August 1941 abrupt. Die Gründe hierfür sind vielfältig, großen Einfluss hatte aber der Münsteraner Bischof Clemens Graf von Galen, der die Morde in seinen Predigten anprangerte. Doch dies war nicht das Ende der NS-"Euthanasie" - von nun an wurden die Menschen nur nicht mehr zentral, sondern dezentral ermordet. Ärzte und Pflegepersonal töteten in dieser zweiten Mordphase die Patientinnen und Patienten entweder durch tödliche Injektionen oder durch absichtliches Verhungernlassen direkt in den Anstalten, in denen sie sich befanden.


Dieser Text soll lediglich eine knappe Zusammenfassung zur ersten Information darstellen. Eine detailliertere Darstellung der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Morde sowie des Umgangs mit den Verbrechen nach 1945 finden Sie auf den Internetseiten des Gedenkort T4  oder auch bei Lebendiges Museum Online.